„Kampf ums Öl“ Teil 10 – Der Partner

David Thor saß mir an dem kleinen Tisch des Diners in South Beach gegenüber. Nach dem Vorfall auf dem Highway hatte ich ihn angerufen und ins Bild gesetzt und zu meiner großen Überraschung hatte er ein kurzfristiges Treffen vorgeschlagen.
Seine Augen waren außergewöhnlich blau und eiskalt zugleich. Sein Gesicht verriet mit keiner Regung, was er tatsächlich dachte. Und dann, von einem Moment auf den anderen, spielte ein Lächeln um seine Lippen, ehe er sagte: „Vielleicht seid ihr Krauts ja doch nicht so dumm.“
Ok, nicht wirklich eine Entschuldigung im klassischen Sinne dachte ich, aber für Thor wohl schon so etwas wie ein Friedensangebot. Und auch wenn ich mir seinen plötzlichen Sinneswandel nicht erklären konnte und ich ihm gerne noch einmal gesagt hätte, was ich von ihm hielt, hatten wir dafür momentan keine Zeit. Noch nicht, denn es kam jetzt auf jede Sekunde an. Ich beschloss also, das auf später zu verschieben, wenn wir unseren Fall gelöst hatten.
„Wir müssen zwei Sachen rausfinden“, sagte ich dann. „Erstens, die Zeit und den Ort von al-Balawis und Lopez Treffen.“
„Und zweitens“, fuhr Thor fort, „wer dich verraten hat. Wir müssen die undichte Stelle finden. Irgendjemand hat gequatscht und dir die Idioten auf den Hals gehetzt.“
Ich nickte.
„Ok“, sagte Thor. „Warum kümmerst du dich nicht um das Treffen und ich um den Verräter.“
Der Vorschlag machte grundsätzlich Sinn. Thor war vor Ort vernetzt und konnte sich direkt in die Ermittlungen des Miami PD einklinken. Der Wagen und die Leichen der beiden Attentäter waren ein guter Anfang und die Spuren mussten in irgendeine Richtung führen.
Ich würde mich mit Kazmarow um den Waffenhänder und den Terroristen kümmern. Jetzt wo ihr nächster Deal unmittelbar bevorstand, gab es einige Ansatzpunkten. Zum einen würden wir weiter den E-Mailverkehr und WhatsApp überwachen, wenngleich ich nicht viel darauf setzte. Nach dem Anschlag auf mein Leben wussten sie, dass wir ihnen auf der Spur waren und würden wahrscheinlich eine andere Form der Kommunikation wählen. Vielversprechender erschienen die Banken. Denn es gab auf der Welt nicht viele Finanzhäuser, die illegale Deals dieser Größenordnung abwickelten. Und nach dem, was zu erwarten war, bewegten wir uns auf jeden Fall weit jenseits der Zehn-Millionen-Dollar-Grenze. Al-Balawi musste einen Transfer vorbereiten und anders als im Film ging das im echten Leben auch nicht ohne Spuren zu hinterlassen. Und schließlich hatte ich noch Kazmarow, dem immer etwas einfiel. Ich war also zuversichtlich, dass wir gemeinsam eine wirkliche Chance hatten.
„Alright“, sagte ich dann, stand auf und hielt Thor zum zweiten mal an diesem Tag meine Hand entgegen. Und dieses mal schlug er ein. Sein Händedruck war direkt und fest. Vielleicht ein bisschen zu fest, aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein.
„Wir treffen und morgen früh um 9.00 Uhr wieder hier zum Frühstück“, sagte er dann, drehte sich um verließ das Diner.
Ich setzte mich wieder und orderte noch einen Kaffee. Irgendetwas an dem, was Thor gesagt oder eben gerade nicht gesagt hatte, ging mir nicht aus dem Sinn. Oder bildete ich mir das nur ein? Ich trank einen weiteren Schluck von dem kochend heißen Kaffee, den die Kellnerin gerade nachgeschenkt hatte und rief dann Kazmarow an.
Hier gibt’s die übrigen Teile der Fortsetzungsgeschichte „Kampf ums Öl“:
http://luk-krieger.com/category/lukkrieger/kampf-ums-oel
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